Die Archäologie

September 2020: Neue Funde bei den Ausgrabungen

Die archäologischen Arbeiten im unmittelbaren Umfeld des Theaters sind abgeschlossen. Die Untersuchungen für den Bauabschnitt II (Verwaltungsgebäude) im Bereich zwischen Kasernstraße, Ottmarsgäßchen und Heilig-Kreuz-Straße haben gerade erst begonnen.

Zwischen Theater und Volkhartstraße wurden sehr gut erhaltene Überreste der spätmittelalterlichen Stadtbefestigung freigelegt. Auf engstem Raum lassen sich hier die verschiedenen Ausbaustufen der Stadtbefestigung erkennen – von der Errichtung im ausgehenden 13. Jahrhundert bis hin zu ihrer Schleifung im Jahr 1867 (Abbildung_1).

An der Ecke Heilig-Kreuz-Straße/Kasernstraße wurde der Wehrgraben der mittelalterlichen Stadtbefestigung aus dem 12. Jahrhundert angeschnitten. Beeindruckend ist, dass die Feldseite dieses Grabens mit einer mächtigen, durch Stützpfeiler verstärkten Ziegelmauer befestigt war (Abbildung_2). Sie diente hauptsächlich als Stützmauer für die Straße, die entlang des Grabens vom Alten Einlass, dem Nachttor der spätmittelalterlichen Stadt, zum Heilig Kreuzer Tor führte.

Im Jahr 1519 baute man in den damals noch offenen Graben einen großen Speicherbau (Abbildung_3). Dazu musste ein Teil der Stadtmauer zwischen Altem Einlass und Heilig Kreuzer Tor abgebrochen werden. Dieser ursprünglich als Korn- und Weinstadel und später als Salzstadel genutzte Bau wurde 1876 abgebrochen, um hier das Stadttheater errichten zu können.

Nach Abbruch der Brechtbühne kamen dort die Überreste der durch Bombenangriffe 1944/45 zerstörten Kaserne zum Vorschein. Auf dem Fußboden eines der Kellerräume lag unter dem Kriegsschutt das zwar verbrannte, jedoch gut erhaltene Kellerinventar, darunter Bierkästen der Marke „Goldene Gans“, ein Wasserkasten, eine Kiste mit Apothekerfläschchen, je ein Lager mit Holzkohle und Briketts, sowie verschiedene Blechwannen und Keramikgefäße (Abbildung_4).

Im Laufe des Oktobers 2020 wird die Grabungsfläche im Bereich der ehemaligen Brechtbühne erweitert. Ab Frühjahr 2021 soll dann der komplette Innenhof zwischen Kasernstraße und Ottmarsgäßchen für die dort anstehenden Ausgrabungen freigemacht werden.

Abbildung_1: Volkhartstraße/Kasernstraße, Fundamente der spätmittelalterlichen Stadtbefestigung (rechts) mit Wehrturm (oben), Wehrgrabenstützmauer (links) und Kiespflaster der Bastion am Alten Einlaß (unten). Foto: Günther Fleps, Stadtarchäologie, wissenschaftlicher Leiter der Ausgrabung
Abbildung_2: Heilig-Kreuz-Straße/Kasernstraße, Wehrgrabenstützmauer (links)und Fundamente des Kornstadels (rechts). Foto: Günther Fleps, Stadtarchäologie, wissenschaftlicher Leiter der Ausgrabung
Abbildung_3: Theaterstraße/Kasernstraße, Mauer mit Lisene und Gewölbeansatz sowie Stützpfeiler des Kornstadelkellers. Foto: Günther Fleps, Stadtarchäologie, wissenschaftlicher Leiter der Ausgrabung
Abbildung_4: Kasernstraße: Bei den Bombenangriffen von 1944/45 zerstörtes Kasernengebäude mit verbranntem Kellerinventar. Foto: Günther Fleps, Stadtarchäologie, wissenschaftlicher Leiter der Ausgrabung

Archäologische Untersuchungen im Sommer 2020

Die archäologischen Grabungen erfolgen derzeit nur in einem kleinen Feld. Unter Beobachtung durch den Kampfmittelräumdienst werden weitere Teilflächen freigelegt, um die archäologischen Grabungsflächen erweitern zu können.

Nach Beendigung der Abbruchmaßnahmen Verwaltungsgebäude kann dann die gesamte Fläche des Bereiches nördlich der Kasernstraße für die archäologischen Grabungen genutzt werden. Ausgenommen bleibt der Bereich Magazingebäude am Ottmarsgässchen, das in der Variante 2 stehen bleibt und in das neue Gebäude integriert wird. Genauso das Kulissenhaus, das aufgrund der denkmalgeschützten Fassade erst Zug um Zug mit der Rohbauerstellung rückgebaut werden kann.

In den nächsten 12 Monaten werden noch Böschungen zu den Nachbargrundstücken, die noch nicht archäologisch untersucht werden können, stehen bleiben. Mit den Grabungen kann es weitergehen, wenn die Entscheidung über eine Variante der Verbauplanung getroffen ist und Verhandlungen mit den Nachbarn stattgefunden haben.

Ein Fundament aus 2000 Jahren Geschichte

Augsburg hat eine weitreichende und bewegte Geschichte. Über Jahrtausende hinweg haben Menschen hier ihre Spuren hinterlassen. Vor jeder Baumaßnahme kommt die Stadtarchäologie zum Einsatz und untersucht das Erdreich auf Überreste aus der Vergangenheit.

Archäologische Ausgrabungen, Foto: © Ruth Plössel

Grabungen an der Volkhartstraße/ Kennedy-Platz

Von Juli 2017 bis Ende 2018 gruben die Stadtarchäologen an der Volkhartstraße und brachten teils Erstaunliches zutage. Aus nahezu allen Epochen seit der Römerzeit gibt es Funde. Die jüngsten sind noch keine 150 Jahre alt.

Der römische Wehrgraben

Die ältesten Funde datieren aus der Zeit vor der Stadtgründung, vermutlich aus der Bronzezeit. Derzeit sind die Archäologen noch mit der genauen Bestimmung beschäftigt. Klarer sehen sie bei den aufgedeckten Mauersteinen: An dieser Stelle erstreckte sich ein römischer Wehrgraben. Damit, so Stadtarchäologe Günther Fleps, war die römische Stadtumwehrung deutlich größer als bisher angenommen. Offenbar war die Stadtgrenze schon immer an dieser Stelle festgelegt.

Die Mauer der Bischofsstadt

Die Römerstadt mit ihren rund 10.000 Einwohnern wurde von der Bischofsstadt abgelöst. Die Stadt war sehr klein, die meist aus Holz gebauten Häuser gruppierten sich um den Dom. Im 13. Jahrhundert wuchs Augsburg, am heutigen Theater wurde eine erweiterte Stadtmauer gebaut. Genau am Standort des künftigen Orchesterprobengebäudes haben die Archäologen die Fundamente eines Wehrturmes und der späteren Bastion freigelegt. Ende des 16. Jahrhunderts entstand hier das erste Leihamt Deutschlands – auch davon wurden Mauerreste gefunden.

Kurios: Stadtarchäologe Günther Fleps steht in einer römischen Latrine und zeigt die Mauern des ersten Leihamtes Deutschlands. Foto: © Ruth Plössel
Kostbar: Diese römische Fibel aus dem 3. Jahrhundert wurde 1000 Jahre lang hin- und hergeschippt. Foto: © Ruth Plössel
Überraschend: Bei den Grabungen stießen die Archäologen unter anderem auch auf Überreste zweier mächtiger Köpfe aus Kalksandstein, die von der ursprünglichen Fassade des Stadttheaters von 1877 stammen. Foto: © Ruth Plössel
Die Ansicht zeigt einen Ausschnitt aus dem Seld – Plan der Stadt Augsburg (Georg Jörg Seld, 1521) mit eingezeichneter Lage des heutigen Theaters.
Die Römer liefen zwei Meter tiefer

Die Arbeit der Archäologen beginnt mit einem Spaten. Punktuell graben sie bis zu fünf Meter in die Tiefe. Dabei achten sie genau auf die Färbung des Erdreichs: Dunkle Erde stammt aus der Römerzeit, helle Erde aus dem Mittelalter. So stellten die Archäologen fest, dass die alten Römer etwa zwei Meter unter dem heutigen Niveau liefen. Bemerkenswert war der Fund einer römischen Fibel aus dem 3. Jahrhundert – im Erdreich des Mittelalters: „Die wurde offenbar 1000 Jahre lang immer wieder hin- und hergeschippt“, so Stadtarchäologe Fleps.

Schiller und Goethe blieben verschont

Noch überraschender waren Funde aus der Neuzeit: schmückende Elemente des ursprünglichen Stadttheaters von 1877. „Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Bauschmuck entfernt und im Erdreich entsorgt“, erzählt Stadtarchäologe Günther Fleps. Die Statuen von Schiller und Goethe blieben davon verschont – sie zieren heute die nach ihnen benannten Schulen in Lechhausen. Für die Figuren wurde Kalk aus Südtirol verwendet, offenbar in Serienfertigung, so Fleps: „Die Architekten hatten einen Bauteil-Katalog, aus dem die Auftraggeber wählen konnten.“

Ein außergewöhnlicher Fund

Im Bereich der ehemaligen Grünanlage an der Volkhartstraße wurden sehr gut erhaltene Fundamente der mittelalterlichen Stadtbefestigung freigelegt. Beeindruckend ist, dass hier alle Ausbaustufen der Befestigung der einstigen Augsburger Unterstadt vom ausgehenden 13. Jahrhundert bis zur Schleifung dieser Mauern im 19. Jahrhundert zu erkennen sind.

Am 20. Dezember 2018 beschloss der Augsburger Stadtrat den Erhalt der Funde. Mehr dazu erfahren Sie hier.

Grabungsarbeiten am Großen Haus/ Nordwest

Nach dem Abschluss der Grabungen am Kennedyplatz werden seit Sommer 2019 nach und nach die von der Bauleitung freigegebenen Areale um das Große Haus untersucht. Aktuell finden Untersuchungen an der Kasernstraße/ Theaterstraße statt.

Kornstadel und Wehrgraben

Am Nordwesteck des Großen Hauses wurden Mauern des ehemaligen Kornstadelkellers aus dem 16. Jahrhundert mit Pfeilern und Gewölbeansätzen freigelegt. Auch Überreste der Stadtbefestigung aus dem 12. Jahrhundert kamen zum Vorschein, darunter die Schichten der Wehrgrabenverfüllung und die äußere, also feldseitige Stützmauer dieses Grabens (sogenannte „Konterescarpe“).

Römerzeit und Mittelalter

Siedlungsspuren aus der Römerzeit sind in Augsburg an sich keine Überraschung mehr. Die Entdeckung von Überresten römischer Steinbebauung kam für die Archäologen an dieser Stelle allerdings unerwartet, da sie außerhalb der römischen Kernsiedlung liegen. Erwähnenswert sind auch die Fundamente der spätmittelalterlichen Klostergebäude, ein ziegelgemauerter Brunnenschacht und etliche Architekturteile der Theaterausstattung von der ehemaligen Nordfassade.

Grabungskräfte im Einsatz. Foto: Stadt Augsburg/ Stadtarchäologie
Arbeit auf engem Raum. Foto: Stadt Augsburg/ Stadtarchäologie
Kellermauern des Kornstadels. Foto: Stadt Augsburg/ Stadtarchäologie