Die Frage nach dem Standort

Ist ein dauerhafter Betrieb der Interims-Spielstätten eine Alternative zum Neubau?

2019 stellte sich bei vertiefenden Planungen heraus, dass im Bauteil II mit höheren Kosten zu rechnen ist, als bisher angenommen. Diese Mehrkosten entstanden vor allem durch Vorgaben, die den Brandschutz betreffen.

Der Bauteil II ist der Bereich neben dem Großen Haus (Bauteil I), auf dem eine Multifunktionsbühne, Probenräume, Verwaltungsgebäude und Werkstätten entstehen sollen. Die Architekten und die Stadt Augsburg wurden dazu aufgefordert,  alternative, kostengünstigere Planungsvarianten zu erarbeiten. Dabei kam im Stadtrat die Frage auf, ob es nicht möglich und günstiger wäre, die Interimsspielstätte auf dem Gaswerkgelände dauerhaft weiter zu betreiben – anstelle einer neuen Bühne neben dem Großen Haus.

Die Fraktionen der Grünen sowie der SPD stellten Anträge an die Stadtverwaltung:
Es sollte geprüft werden, welche Auswirkungen es hätte, würde man die Übergangsspielstätte auf dem Gaswerkgelände dauerhaft weiter betreiben. Könnte man so auf eine neue Bühne am Kennedyplatz verzichten?

Der Antrag wurde vor dem Kulturausschuss vom 02. März 2020 beantwortet und dort besprochen. Planerinnen und Planer sind weiterhin von der sogenannten „Ein-Standort-Lösung“ am Kennedyplatz überzeugt.

Zentraler Standort

(„Ein-Standort-Lösung“ am Kennedyplatz)

Schon an vielen anderen Theaterstandorten hat es sich bewährt, alle Einrichtungen des Theaters an einem Standort unterzubringen. Es bietet strukturelle und finanzielle Vorteile: Die Bühnen teilen sich die Funktionsräume, die für den Theaterbetrieb unverzichtbar sind.

Dazu zählen:

  • Orchesterprobensaal und Einspielzimmer
  • Probebühnen für Ballett und Schauspiel
  • Werkstätten (Malsaal, Schreinerei, Schlosserei, Kaschierwerkstatt, Kostümschneiderei, Requisite)
  • Lager für den laufenden Spielbetrieb (Kulissen und Kostümfundus)
  • Büros für die Verwaltung

Der Standort am Kennedyplatz bietet genug Platz für so eine „Ein-Standort-Lösung“. Auch ist der Standort mitten in der Stadt für Besucherinnen und Besucher gut erreichbar.

Dezentraler Standort

(Spielstätten an unterschiedlichen Standorten)

Bis auf die Multifunktionsbühne und einen Chorprobenraum könnte auf keine der bisher geplanten Neubauten verzichtet werden. Funktionsräume wie Probebühnen, Werkstätten, Lager und Büros müssten an beiden Standorten vorgehalten werden.

Die Werkstätten im Gaswerk zur Bedienung des Großen Hauses zu nutzen, ist dabei keine Option. Die Werkstätten dort sind von Größe und Ausstattung nicht geeignet, um Bühnenbilder für das Große Haus zu produzieren. Auch wäre der logistische und damit auch personelle und finanzielle Aufwand enorm.

Beide Interimsspielstätten sind als Übergangslösungen geplant und müssten zum Beispiel in Hinblick auf Theatertechnik besser ausgerüstet werden.

Einrichtungen wie Shuttle-Services wären weiter notwendig, um den Besucherinnen und Besuchern eine einfache Anreise zu ermöglichen.

Angenommen, die Brechtbühne am Gaswerkgelände wird dauerhaft weiter betrieben …

Anhaltende, steigende Mietkosten

Die Flächen der Übergangsspielstätten muss die Stadt Augsburg für die Dauer der Sanierung von den Stadtwerken anmieten. Diese Mietflächen beinhalten nicht nur Zuschauerraum, Bühne und Foyer, sondern natürlich auch Büros, Werkstätten, Probenräume, Technikräume und Lagerflächen für Requisiten und Bühnenkulissen. Lediglich auf einige wenige Einrichtungen könnte man vor Ort verzichten (z.B. Malsaal, Ballettsaal). Sie wären im Theaterviertel an der Kasernstraße integriert und könnten beide Spielstätten bedienen.

Die Fläche im Ofenhaus, die man weiter anmieten müsste, beträgt rund 3.660 m². Die Kosten dafür bewegen sich pro Jahr im mittleren sechsstelligen Bereich. Laut Mietvertrag steigen die Mietkosten nach 7 Jahren jährlich um 3%. Diese Ausgaben würden nicht mehr vom Freistaat Bayern gefördert, sondern gingen allein zu Lasten der Stadt Augsburg.

Investitionen in Bühnenausstattung

Dazu kommt, dass die Bühne im Ofenhaus von vorneherein nicht als langfristige Bühne geplant war. Viele der theatertechnischen Einrichtungen sowie die Tribüne wurden gebraucht aus der alten Brechtbühne am Kennedyplatz übernommen. Für einen dauerhaften Betrieb müsste nachgerüstet werden. Eine Investition im siebenstelligen Bereich (geschätzt auf 2.800.000€) wäre dafür notwendig.
Alle diese Kosten würden zusätzlich zum Neubau am Kennedyplatz anfallen.

Mehr Kosten und weniger Einnahmen für’s Theater

Für das Theater selbst bedeutet die „Zwei-Standort-Lösung“ Mehrkosten für Personal, Betriebsmittel und Logistik. Auch die Einnahmen durch den Ticketverkauf sind betroffen: Die neue Brechtbühne auf dem Gaswerkgelände kann mit 219 Plätzen weitaus weniger Besucher fassen als die neue geplante Bühne am Kennedyplatz mit ca. 340 Plätzen. Nach Kalkulation des Staatstheaters könnten in der neuen Spielstätte pro Jahr rund 173.000€ mehr eingenommen werden als auf dem Gaswerk (geschätzte Auslastung: 70%).

Neben den Mietkosten wie oben beschrieben fallen noch weitere Mehrkosten in einer Höhe von rund 1 Mio. € an. Darunter fallen vor allem Kosten für einen erhöhten Personalbedarf, Betriebsmittel und eine aufwändigere Logistik.

Der Weg vom Kennedyplatz zum Ofenhaus auf dem Gaswerkgelände ist etwa 4km lang und führt über stark befahrene Straßen mit häufig zähem Verkehr. Angenommen, die Brechtbühne im Ofenhaus müsste auf Werkstätten am Kennedyplatz zurückgreifen, dann müssten Personal und Material über diese Strecke durch die Stadt transportiert werden. Für das Staatstheater ist das ein großer logistischer Aufwand. Schon für die Interimszeit wurde der Fuhrpark deswegen verdoppelt. Bei großen Transportgütern wie Bühnenkulissen ist das eine Herausforderung. Vor allem dann, wenn kurzfristig etwas repariert oder verändert werden muss. Ein zentraler Standort hat hier eindeutig Vorteile: Je kürzer und einfacher die Wege sind, desto wirtschaftlicher kann das Theater agieren.

Schon allein aus dem höheren logistischen Aufwand ergibt sich ein höherer Bedarf an Personal für Transporte. Große Bühnenkulissen müssten vor dem Transport erst demontiert und dann im Ofenhaus wiederaufgebaut werden. Dadurch würden auch mehr Bühnenbauer und Techniker benötigt. Anders als bei einem zentralen Standort müssten einige Stellen mehrfach besetzt sein, weil sie jeweils am anderen Spielort gebraucht werden. Das Theater geht hier jährlich von 550.000€ Mehrkosten für Personal in der Brechtbühne im Ofenhaus aus.

Die Brechtbühne im Ofenhaus wurde von vorneherein als Übergangslösung gebaut. Die Ausstattung entspricht nicht den Standards, die für ein Staatstheater üblich und angemessen sind. Die Möglichkeiten der Szenografie und der Inszenierung, also der künstlerisch-kreativen Gestaltung, sind eingeschränkt. Zum Beispiel gibt es keine Unterbühnen und die Zuschauer- und Bühnensituation ist nicht flexibel. Im neuen Haus sind diese Einrichtungen geplant. Sie ermöglichen ein ganz anderes, künstlerisches Arbeiten. Auf lange Sicht kann ein Staatstheater nicht darauf verzichten.

Der Wunsch aus den Werkstattgesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern war die Öffnung des Theaterviertels für die Stadtgesellschaft. Mit den Plänen für das neue „Theaterviertel“ wurde ein kleines Kulturzentrum mitten in der Stadt geplant, das diesen Bedürfnissen Rechnung tragen soll.

Mit der Multifunktionsbühne werden Möglichkeiten geschaffen, das Publikum nicht nur frontal zu bespielen, sondern es auch in die Inszenierung einzubeziehen. Dies entspricht vor allem auch dem Wunsch nach ansprechenden Formaten für Schulklassen und kultureller Bildung. Auch Räume für Theaterpädagogik wurden im Beteiligungsprozess gewünscht und sind Teil des neuen Konzeptes am Kennedyplatz.

Als Multifunktionsraum sollen auch Dritte die neue Bühne nutzen können. Ein vergleichbarer Raum fehlt derzeit in der Innenstadt und ist ausdrücklich Teil der Planung.

Wunsch der freien Szene ist es schon lange, mehr Raum für Aufführungen zu haben. So war es die Idee, die Spielstätte im Ofenhaus nach dem Auszug des Staatstheaters der freien Theaterszene und lokalen Veranstaltern zur Verfügung zu stellen. Dies wiederum stärkt die Idee des Gaswerkareals als sich ständig wandelnder Raum des kreativen Schaffens

Eine Alternative zum Gaswerkgelände gibt es momentan nicht. Die Stadt besitzt keine Flächen, die den Anforderungen der freien Kulturschaffenden gerecht würden.

Auch die Flächen des ehemaligen Kulturpark West an der Sommestraße kommen dafür nicht in Betracht. Sie werden bis Ende 2021 geräumt. Danach soll hier neuer Wohnraum entstehen, der in Augsburg dringend benötigt wird. Diese sogenannte „Konversionsmaßnahme Reese Park“ wurde vom Stadtrat beschlossen.

Weitere Fragen zu Finanzen und Kostencontrolling

Seit Anfang Januar 2020 arbeitet sich ein Team der Höcker Project Managers GmbH in die Unterlagen von Bauteil I und II ein. In beiden Bauteilen wird es eine unabhängige, externe Kosten- und Terminkontrolle geben. Diese beziehen auch Projektrisiken ein und kontrollieren so die Einhaltung von Kosten und Terminen in der Planung von Bauteil II und der Ausführung des Bauteil I, Großes Haus.

Das Team der externen Controller muss sich zunächst intensiv ins Projekt einarbeiten, um sich ein Bild zu verschaffen. Sobald Ergebnisse vorliegen, werden diese in Abstimmung mit den Referaten 5 (Kultur) und 6 (Bau) in den Gremien besprochen. Danach können sie veröffentlicht werden. Im Hochbauausschuss wird dann regelmäßig über Termine und Kosten berichtet.

Für das Gesamtprojekt Theatersanierung gibt es einen Förderbescheid des Freistaates Bayern. Danach wird das Projekt mit 75% der förderfähigen Kosten bezuschusst. Das gilt grundsätzlich auch für anfallende Mehrkosten. Ob die Mehrkosten förderfähig sind, prüft der Fördergeber auf Grundlage der entsprechenden Förderanträge der Stadt Augsburg. Wenn zugestimmt wurde, können die Bauaufträge erteilt werden.